Die neuesten Zahlen über die Marktanteilentwicklung der Verkehrsträger ist für verkehrspolitische Ideologen Anlass, den Lkw zu verteufeln und Schutzmaßnahmen für die Schiene zu fordern. Tatsache ist, dass nach den Zahlen des Statistischen Bundesamtes der Straßengüterverkehr in der Krise seinen Modal-Split-Anteil leicht erhöht hat, die Schiene hat einen Prozentpunkt verloren. Hinter dieser Entwicklung steht allerdings nicht die plumpe Verdrehung, der Lkw habe der Schiene etwas „weggenommen“. Tatsache ist, dass krisenbedingt langströmige Verkehre im Export weggebrochen sind. Davon ist in starkem Ausmaß die Schiene, vor allem im Seehafenhinterlandverkehr, betroffen. Ebenfalls scharfe Einbrüche gab es in den Bereichen Eisen und Stahl und bei Massengutverkehren. Diese waren und sind die starken Domänen der Schiene. Es liegt auf der Hand, wenn schienenaffine Märkte stärker wegbrechen als beispielsweise Versorgungsverkehre in Deutschland, dass damit der Markteinbruch auf der Schiene insgesamt größer ausfällt als auf der Straße. Aber, auch der Straßengüterverkehr hat drastische Einbrüche zu verzeichnen. Nach vorläufigen Zahlen ist davon auszugehen, dass die Straße krisenbedingt rund 12 Prozent der tonnenkilometrischen Leistung eingebüßt hat, während bei der Schiene vermutlich 18 Prozent der tonnenkilometrischen Leistung fehlen. Damit ist der Einbruch der Verkehrsleistung 2,5- bis 4-mal größer als der Einbruch der Wirtschaftsleistung (minus 5 Prozent), 80.000 Lkw mussten stillgelegt werden; mehr als 80.000 Fahrerjobs gingen verloren.
Im Übrigen ist die Arbeitsteilung der Verkehrsträger kein Gebiet für ideologische Schaukämpfe. Eine Studie des renommierten Eisenbahnberatungsunternehmens TransCare hat nachgewiesen, dass maximal 4 Prozentpunkte der Straßengüterverkehrstonnage auf die Schiene verlagert werden könnten. Ein Prozentpunkt davon ist preisreagibel, wenn eine Zusatzmaut von 1 Euro pro Kilometer eingeführt würde. (Ein Totschlagprogramm für die Auftraggeber in der Wirtschaft). Drei weitere Verlagerungsprozentpunkte hängen allein vom Leistungsprofil der Eisenbahnen ab. Stichworte sind: Zugang zum kombinierten Verkehr, Bedienung von besonderen Marktsegmenten, wie beispielsweise Kühlketten, etc.. Fest steht allerdings auch: 96 Prozent der Straßengüterverkehre sind markttechnisch nicht verlagerbar. Das heißt, sie finden entweder auf der Straße oder gar nicht statt. Dies ist eine empirisch belegbare Tatsache, wie die Geschichte der Schwerverkehrsabgabe in der Schweiz beweist. Obwohl in der Schweiz mit ca. 75 Cent pro Kilometer die höchsten Lkw-Abgaben eingefordert werden, hat sich trotzdem der Modal-Split-Anteil der Schiene in der Schweiz weiter verringert. Es ist also keine Frage des Preises oder der Ordnungspolitik, sondern des Leistungsprofils der Schiene, in welchem Ausmaß sie am Verkehrswachstum der Transport- und Logistikmärkte teilnimmt. Nicht zuletzt belegen auch die wissenschaftlichen Gutachten im Auftrag des BMVBS, dass bei normalisierten Verhältnissen der Weltwirtschaft und optimalen Ausbau der Schiene 5-mal mehr Wachstum auf die Straße zukommt als auf die Schiene. Daran ändern alle Ideologie und alle Polemik gegen den Straßengüterverkehr nichts. „Kooperation statt Konfrontation der Verkehrsträger ist angesagt, auch wenn diese Botschaft für Eisenbahnideologen eine geistig schwer verdauliche Kost ist“, meint BGL-Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Karlheinz Schmidt.