Logistikverbände BGL, BWVL, BPEX und DSLV kritisieren einseitige Ausrichtung des Autogipfels
Berlin/Bonn/Frankfurt a.M., 8. Oktober 2025
Anlässlich des morgigen Autogipfels im Bundeskanzleramt fordern BGL, BWVL, BPEX und DSLV eine konsequente Neuausrichtung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Dekarbonisierung des Straßengüterverkehrs. Der Logistiksektor als größte Nutzergruppe gewerblicher Lkw-Flotten ist bereit, seinen Beitrag zu leisten, doch nach wie vor bremst eine falsch austarierte Politik die Transformation der Unternehmen. Da der Logistikbranche die Teilnahme am Autogipfel erneut verwehrt wurde, drohen die Ergebnisse einmal mehr zu einseitig an den Interessen der Nutzfahrzeughersteller ausgerichtet zu werden, befürchten die Verbände.
Falsche Rahmenbedingungen verhindern Transformationsfortschritte
Die bisherigen ordnungspolitischen und fiskalischen Maßnahmen haben so gut wie keine Wirkung erzielt. Von den in Deutschland zugelassenen schweren Lkw wird nur ein Bruchteil elektrisch betrieben – der Anteil liegt unterhalb 0,4 Prozent und damit im Promillebereich. Hierzu trägt der Staat selbst bei: In einer Wirtschaftskrise entzieht er der Branche mit steigenden Abgaben – etwa hohen Mautsätzen und wachsenden CO₂-Bepreisungen – die Kapitalreserven, die für die hohen Investitionen in neue Fahrzeugtechnologien und betriebliche Ladeinfrastrukturen erforderlich sind. Diese hohen staatlichen Abgaben muss die Logistikbranche erst einmal erwirtschaften. Ein erster richtiger Schritt wäre deshalb eine konsequente Rückführung der Einnahmen aus der Lkw-Maut von mehr als 13 Milliarden Euro pro Jahr in Ladeinfrastrukturen und gezielte Förderprogramme.
Nach wie vor fehlen die Voraussetzungen für die Antriebswende:
– Das Ladeinfrastrukturnetz für schwere Nutzfahrzeuge ist in Deutschland und Europa immer noch viel zu löchrig, und der Netzausbau in den EU-Mitgliedstaaten verläuft schleppend.
– Genehmigungsverfahren für Netzanschlüsse ziehen sich über Jahre hin.
– Die Gesamtbetriebskosten für Elektro- und Wasserstoff-Lkw übersteigen die Kosten für den Betrieb von Lkw mit Verbrennungsmotoren bei weitem.
– Weder bei Strompreisen noch bei der Verfügbarkeit erneuerbarer Energien gibt es Planungssicherheit.
Technologieoffenheit statt regulatorischer Tunnelblick
Die alleinige Fokussierung auf elektrische Antriebe in der EU-Gesetzgebung verhindert schnelle CO₂-Reduktionserfolge, mahnen BGL, BWVL, BPEX und DSLV. Entscheidend ist nicht die Antriebstechnik, sondern dass die eingesetzte Energie zur CO₂-Reduktion beiträgt – sei es durch grün produzierten Strom oder durch alternative Kraftstoffe. Für eine Berücksichtigung der Klimawirkung erneuerbarer Kraftstoffe in Verbrennungsmotoren erneuern die Logistikverbände deshalb ihre Forderung nach einem Carbon Correction Factor in der Berechnung der europäischen Flottengrenzwerte für schwere Nutzfahrzeuge.
Verpflichtende Quoten für Flottenbetreiber – wie von der Europäischen Kommission vorgeschlagen – verlagern das Problem von der Herstellerindustrie auf den Logistiksektor, lösen es aber nicht. Eine gesetzlich erzwungene und künstlich erzeugte Nachfrage würde zwar die Verkaufszahlen der Nutzfahrzeughersteller nominell erhöhen, doch ohne eine flächendeckende Ladeinfrastruktur und planbare Strompreise wären die notwendigen Investitionen der Logistikunternehmen weder wirtschaftlich noch betrieblich sinnvoll. Der Markt würde ausgehebelt und die Wettbewerbsfähigkeit der Straßentransportunternehmen zusätzlich gefährdet.
Konkrete Forderungen an die Bundesregierung
Was der Logistiksektor jetzt braucht, sind Impulse statt Verbote und Eingriffe in den Markt, mahnen BGL, BWVL, BPEX und DSLV und verweisen auf den im Juli 2025 fertiggestellten Arbeitsbericht des Expertenforums klimafreundliche Mobilität und Infrastruktur beim Bundesverkehrsministerium.
Die Logistikverbände fordern konkret:
- Reform der Kraftstoff- und Energiesteuern
– Biokraftstoffe und strombasierte Kraftstoffe müssen nach ihrer Klimawirkung besteuert und fiskalisch begünstigt werden.
– Mit der zunehmenden Elektrifizierung der Nutzfahrzeugflotten wird sich der Straßengüterverkehr zu einem der stromintensivsten Sektoren entwickeln. Deshalb muss auch die Logistikbranche von einer Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß profitieren können. - Reinvestition der CO₂-basierten Lkw-Maut-Einnahmen
– Die erwarteten Einnahmen von bis zu 30 Milliarden Euro bis 2027 müssen vollständig in den klimafreundlichen Umbau des Straßengüterverkehrs zurückfließen. - Anrechnung von alternativen Kraftstoffen in der Lkw-Maut
– Die Klimawirkung von zugelassenen und flächendeckend verfügbaren alternativen Kraftstoffen wie HVO100 und Bio-CNG/LNG muss bei der Bemessung der CO2-Komponente in der Lkw-Maut berücksichtigt werden. - Förderungen für Infrastrukturen und Anschaffungsinvestitionen
– Der Netzausbau und die Genehmigungsverfahren für betriebliche Netzanschlüsse müssen beschleunigt werden.
– Planungssicherheit bei den Stromkosten muss durch Einbeziehung des Logistiksektors in preissenkende Maßnahmen (Industriestrompreis) entstehen.
– Der Aufbau einer flächendeckenden Lade- und Tankinfrastruktur für schwere Nutzfahrzeuge muss in Europa zeitnah erfolgen – die Errichtung betrieblicher Infrastrukturen muss gefördert werden.
– Eine nach Unternehmensgröße gestaffelte unbürokratische Anschaffungsförderung für emissionsfreie Nutzfahrzeuge muss wiederbelebt werden, um die steuerlichen Superabschreibungen mittelstandsgerecht zu ergänzen. - Mehrgewichtskompensation für Elektro- und Wasserstoff-Lkw
– Im Zuge der Überarbeitung der Richtlinie 96/53/EG müssen für Elektro- und Wasserstoff-Lkw technisch bedingte Gewichtsanpassungen vorgenommen (Anhebung der Gesamtmasse um 4 t und der Achslasten um 1 t) und der verlängerte Sattelauflieger (Typ 1) EU-weit zugelassen werden.