Mautausweitung und -weiterentwicklung im Schatten des kürzlich ergangenen Urteils zur BGL-Mautklage
Mit dem Urteil zur Klage dreier BGL-Mitgliedsunternehmen gegen die 50 %-ige Erhöhung der Lkw-Maut im Jahre 2009 hat das Verwaltungsgericht Köln dem Staat gewaltige Spielräume für die Mautberechnung bis an die Willkürgrenze eröffnet. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Ohnedies steigt die Mautbelastung für Transportlogistikunternehmen, Wirtschaft und Verbraucher spätestens ab 01.07.2015 wieder.
Darauf weist der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V. anlässlich seiner Mitgliederversammlung 2014 in Leipzig hin. Zwar sinken die Mautsätze zum 01.01.2015 kapitalmarktzinsbedingt – um 1,9 %, soweit es die Abgasklassen Euro V und EEV (Enhanced Environmentally Friendly Vehicle) betrifft, mit denen aktuell ca. 75 % aller in Deutschland gefahrenen Mautkilometer erbracht werden.
Zum 01.07.2015 ist die Ausweitung der Lkw-Maut auf weitere rund 1.000 Kilometer autobahnähnliche Bundesstraßen geplant. Ab 01.10.2015 sollen dann auch Solo-Lkw und Lkw mit Anhänger ab einer zulässigen Gesamtmasse der Fahrzeugkombination von 7,5 t Maut entrichten. Alles in allem steigt die Mautbelastung beträchtlich. Anregungen des Transportlogistikgewerbes, die beiden Mauterweiterungen auf einen einzigen Termin zusammenzulegen, werden von Politik und Administration zwar freundlich entgegengenommen, aber mit technischen Hindernissen abschlägig beschieden. Bis 2018 soll darüber hinaus die Bemautung aller Bundesstraßen erfolgen, was Milliardenbelastungen von Industrie und Handel bei der Anbindung der Flächenländer an nationale und internationale Wirtschaftsverkehre bedeutet.
Dass für Bundesstraßen für die in 2015 vorgesehenen Streckenerweiterungen die gleichen Mautsätze gelten werden wie für die Autobahnen, obwohl das neue Wegekostengutachten dafür zweieinhalbfach höhere Kosten errechnet hat, wurde vom BGL ausdrücklich begrüßt. BGL-Präsident Adalbert Wandt: „Vor allem das abseits von Ballungsgebieten angesiedelte produzierende Gewerbe hätte sehr unter einer Verteuerung des regionalen Wirtschaftsverkehrs gelitten. Standortverlagerungen in verkehrsgünstiger gelegene Räume oder gar in Nachbarstaaten wären zu befürchten gewesen. Den strukturschwachen Regionen hätte unweigerlich der Verlust von Arbeitsplätzen und Kaufkraft sowie mittelfristig die Abwanderung junger Menschen gedroht.“ Allerdings dürfte die Bedrohung mit der Ausdehnung der Maut auf alle Bundesstraßen – um die erhofften Gebührenmehreinnahmen ab 2018 zu sichern – wieder aufleben.
Ob sich die Mautbelastungen in Zukunft über das bereits vorgesehene Maß hinaus noch weiter erhöhen, wird von einer Weiterführung der vom BGL unterstützen Mautklagen abhängen, die kürzlich vor dem Verwaltungsgericht Köln in erster Instanz abgewiesen wurden. Ein möglicher Gang in die Berufung vor dem Oberlandesgericht Münster war auch Thema auf der Mitgliederversammlung 2014 des BGL in Leipzig und wurde dort zur Abstimmung vorgelegt. Prof. Dr. Karlheinz Schmidt – Geschäftsführendes Präsidialmitglied des BGL – hatte bereits im Vorfeld der Veranstaltung angekündigt: „Der BGL jedenfalls wird gründlich prüfen, ob er einer Lizenz zum Gelddrucken tatenlos zusehen oder in die Berufung gehen wird.“
Zur Erinnerung:
Die Klage richtet sich gegen die Berechnungsgrundlage der Mauterhöhung von 2009, das sog. Wegekostengutachten. Nach Ansicht des BGL befindet sich dieses nicht in Übereinstimmung mit der EU-Wegekostenrichtlinie. Bemängelt werden z.B. überhöhte Kosten für kalkulatorische Zinsen (die im Wegekostengutachten alleine 52 % der gesamten Wegekosten ausmachen) in niemals gezahlter Höhe oder die Bewertung der Straßengrundstücke, die nicht mit den tatsächlich für sie bezahlten Kaufpreisen, sondern mit Rohbaulandpreisen der Flächen festgesetzt und um Preissteigerungen fortgeschrieben wurden. Darüber hinaus wurden alle Strecken und Bauwerke zu Tagesgebrauchtwerten mit anteiligen Wiederbeschaffungswerten einer Infrastruktur bewertet, die den modernsten Baustandards entsprechen. D.h., das Transportlogistikgewerbe muss für hochmoderne Infrastruktur bezahlen, obwohl viele Brücken und Straßen nur noch bedingt gebrauchsfähig sind.
Diese Berechnungsmethoden wurden jedoch – sehr zum Erstaunen der meisten Prozessbeobachter – vom Gericht überhaupt nicht in Frage gestellt. Dieses hatte sich auf die Prüfung beschränkt, ob das Diskriminierungsverbot gegenüber ausländischen Transportunternehmen beachtet und ob bei der Festlegung der Wegekosten durch den Gesetzgeber die Willkürgrenze überschritten wurde. Beides wurde vom Gericht verneint – letzteres allein deshalb, weil die Mautsätze auf einer gutachterlichen Berechnung beruhen. Der eigentliche Streitgegenstand des BGL – Verstoß gegen europäisches Recht – wurde in diesem Verfahren ausgeblendet.
Ergänzende Informationen hierzu finden Sie im neuen BGL-Jahresbericht auf den Seiten 19-30.