Kritik an der Vollzugspraxis des Mindestlohngesetzes: Logistikunternehmen dürfen nicht unter Generalverdacht geraten
Deutsche Speditionen und Transportlogistiker dürfen durch ein auf nationale Transporte begrenztes Kontrollsystem zur Einhaltung des Mindestlohngesetzes (MiLoG) nicht diskriminiert werden. Es ist staatliche Aufgabe, für die Kontrolle und Durchsetzung der sich aus dem MiLoG ergebenden Pflichten aller Beteiligten zu sorgen. Darin sind sich der Bundesverband Möbelspedition und Logistik (AMÖ), der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), der Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL) und der Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) einig.
Mit der jetzigen behördlichen Vollzugspraxis sei das umstrittene Gesetz nicht geeignet, die Zahlung des deutschen Mindestlohns auch bei gebietsfremden Unternehmen durchzusetzen und damit Wettbewerbsgleichheit herzustellen, kritisieren die Präsidenten und Hauptgeschäftsführer der vier Spitzenverbände der Verkehrsbranche anlässlich ihres turnusmäßigen Treffens am 10. März in Köln. Stattdessen habe der Gesetzgeber mit der sogenannten Auftraggeberhaftung seine Kontrollpflichten mehr oder weniger willkürlich auf einzelne Glieder in der Transportkette delegiert und nehme diese dadurch zusätzlich noch in die öffentlich-rechtliche Haftung. Die Auftraggeberhaftung könne ein effizientes behördliches Kontroll- und Meldesystem zur Verhinderung von Dumpinglöhnen insbesondere im grenzüberschreitenden Verkehr und bei Kabotagetransporten aber nicht ersetzen.
Die Beauftragung von spezialisierten Drittunternehmen ist insbesondere bei internationalen und multimodalen Transporten übliches Tagesgeschäft und folgt vielfach organisatorischen Zwängen. Unternehmen der Logistikbranche dürfen nicht unter Generalverdacht geraten, nur weil sie den Gesetzen der Arbeitsteilung folgen und Partnerunternehmen mit der Durchführung einzelner logistsicher Dienstleistungen beauftragen.
Bestenfalls könne dem Auftraggeber nur zugemutet werden, zur Einhaltung der MiLoG-Pflichten des von ihm direkt eingesetzten Dienstleisters beizutragen. Dies gelinge aber auch nur dann, wenn der Auftraggeber vom Gesetzgeber hierfür wirksame Instrumente und klare Vorgaben erhalte, machen AMÖ, BGL, BWVL und DSLV deutlich. Diese ist die Politik der Wirtschaft aber bislang schuldig geblieben.
Grundsätzlich muss gelten: Der gesetzgeberische Wille muss klar zum Ausdruck kommen. Unternehmen benötigen wirksame Instrumente und klare Vorgaben. Das gilt ganz besonders für den Kreis der Haftungsschuldner, der nicht im Gesetz eindeutig geregelt ist und durch die Gerichte bestimmt werden müsste. Diese Rechtsunsicherheit ist durch den Gesetzgeber zu beseitigen.
Die Durchsetzung des MiLoG im Güterverkehr darf nach Überzeugung der vier Verbände im Ergebnis nicht allein den deutschen Speditionen und Transportlogistikern aufgebürdet werden. Denn sonst werde das Gefecht der sozialen Gerechtigkeit einmal mehr vor allem auf den Schultern des hiesigen Mittelstands ausgetragen, dessen zusätzliche Schwächung durch eine inhaberfeindliche Ausgestaltung der Erbschaftssteuerreform drohe.
Die Verbände stellen fest: Von einer „zügigen und minimalinvasiven“ Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts könne angesichts der momentanen Überlegungen des Bundesfinanzministeriums kaum noch die Rede sein. Ohne die Existenz durch einen mit der Erbschaftssteuer verbundenen Liquiditätsentzug im Erbfall zu bedrohen, müsse der Generationenübergang in einem mittelständischen Unternehmen des Straßengüterverkehrs weiterhin möglich sein.
Bei der Frage der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung bekennen sich AMÖ, BGL, BWVL und DSLV zur von der Politik bereits angestoßenen Ausweitung der Nutzerfinanzierung, bestehen aber weiterhin auf dem Prinzip „Straße finanziert Straße“. Die Gesetzgebung zur Pkw-Maut könnte signifikant zur Behebung der notorischen Unterfinanzierung deutscher Bundesfernstraßen beitragen. Allerdings belegten die aktuellen Pläne des Bundesverkehrsministeriums, dass der geschlossene Finanzierungskreislauf Straße ein Leck erhalte, aus dem die Einnahmen aus der Infrastrukturabgabe in den allgemeinen Verkehrshaushalt flössen.
Ferner fordern die Verbände die Bundesregierung auf, ihre Mautharmonisierungszusage einzuhalten. Auch wenn sukzessive Förderprogramme wegbrechen, sei es nicht Aufgabe des deutschen Straßengüterverkehrsgewerbes, dem Bund neue Förderziele aufzuzeigen, um seinen Anspruch auf bis zu 450 Millionen Euro Fördermittel aufrechtzuhalten.
Die Gespräche von AMÖ, BGL, BWVL und DSLV auf Ebene ihrer Präsidenten und Hauptgeschäftsführer werden im regelmäßigen Turnus fortgeführt.
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Christian Labrot Bundesverband Wirtschaft, Verkehr und Logistik e. V. (BWVL) Lengsdorfer Hauptstraße 75, 53127 Bonn Telefon: +49 (0) 228 92535-0 E-Mail: info@bwvl.de
Dr. Christoph Sokolowski DSLV Deutscher Speditions- und Logistikverband e. V. Platz vor dem Neuen Tor 5, 10115 Berlin Telefon: +49 (0) 30 2787469-0 Telefax: +49 (0) 30 2787469-9 E-Mail: CSokolowski@dslv.spediteure.de